Gemütlicher Tag am Flughafen Frankfurt

Deutsch English
Weiterführendes ...

Fraport AG
Die Fraport AG ist als Eigentümerin und Betreiberin des Flughafens Frankfurt international eines der führenden Unternehmen im Airport-Business.

Wikipedia: Flugzeugschlepper
Ein Flugzeugschlepper (oder auch "Pusher" genannt) ist ein Fahrzeug, das Flugzeuge verschiedener Größen schleppen, ziehen oder auch auf Rollwege schieben (pushen) kann.

Ein gemütlicher Tag am Flughafen Frankfurt

"Ein Flughafen von der Größe und Bedeutung Frankfurts ist eine Stadt für sich. Damit ein solcher hochkomplexer Organismus reibungslos funktioniert, beschäftigt die Fraport AG tausende von gut eingespielten Spezialistinnen und Spezialisten. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital unseres Unternehmens. Sie bestimmen mit Ihrem Wissen, Können und Engagement in hohem Maße unseren Geschäftserfolg." (Quelle: Website Fraport AG)
Wie schnell ein wenig Schnee ein solches System zum Erliegen bringen kann, schildere ich im folgenden Artikel.

Es war Ende November, ich hatte geplant, nach Detroit zu fliegen und von dort weiter nach Grand Rapids. Mein Flug ging 13:50; so hatte ich genügend Zeit, um in aller Ruhe nach Frankfurt zu fahren. Am Flughafen checkte ich bereits um 11:00 ein und gab auch einen Rollkoffer als Gepäck auf. Da ich noch so viel Zeit hatte, ging ich in die Business Lounge. Dort haben sie jetzt auch einen kostenlosen Hotspot, so dass ich noch etwas arbeiten konnte. Mit anderen Worten, alles war gemütlich, stressfrei, und ich war rundum zufrieden. Das Boarding war 10 Minuten verspätet; aber bei 10 Minuten kann man noch nicht von einer Verspätung reden.

Die Maschine stand auf einer Außenposition, was ich ja garnicht mag. Wir fuhren dann mit dem Bus quer durch den ganzen Flughafen bis fast zur Startbahn West; das dauert ewig, ich hatte das Gefühl, dass wir nach Detroit fahren statt zu fliegen. Ach ja, es lag etwas Schnee, eher Schneematsch, und es schneite auch, aber nur ganz wenig.

Im Flieger, in der Business Class war es dann auch gemütlich; die Stewardessen taten alles, um dem Passagier das gewohnte Lufthansa-Feeling zu geben: wir sind freundlich, wir tun alles, damit Sie sich wohlfühlen. Der Pilot meldete sich auch gleich und erzählte ganz beiläufig, dass wir wohl eine Stunde verspätet starten würden, dass aber die Berechnungen ergeben hätten, dass wir kürzer als geplant fliegen würden, so dass sich letztendlich eine Verspätung von einer halben Stunde un Detroit ergeben würde. Ich überschlug das kurz: den Flug nach Grand Rapids würde ich ohne Probleme erreichen, selbst bei einer Verspätung von einer Stunde wäre es noch kein Problem.

Inzwischen reichte man auch Champagner; ich habe einen Orangensaft genommen, warum ich das tat, weiß ich nicht. Später sollte das ein kleiner Vorteil für mich sein. Ich hatte mir vorgenommen, auf der Reise noch ein paar Vorbereitungen für mein Treffen mit den Kollegen zu machen, aber den Laptop wollte ich jetzt noch nicht starten. So erkundete ich zuerst einmal die Umgebung. so ein Business-Class-Sitz ist ja ein High-Tech-Gerät mit vielen Funktionen; man drückt auf Knöpfchen und es bewegt sich etwas. Ich fuhr also den Sitz in alle möglichen Stellungen und wusste dann auch, welche Knöpfe man dazu drücken musste. Aha, es gab ja auch Strümpfe und ein Toiletten-Set - also Schuhe aus und die Strümpfe an. Schräg vor mir saß jemand, der sich einen Comic-Film ansah; ich hörte zwar nichts, sah mir dem Film aber irgendwie auch an, auf seinem Bildschirm. Es gibt auch ein extra Fach für eine Brille! Wow, das gab es bei meinem letzten Langstreckenflug nicht. Und es gibt einen Hotspot; da kann man mit dem Computer arbeiten, bis der Saft alle ist. Moment mal, gibt es da keinen Stromanschluss für den Laptop? Mein Sitznachbar erklärt es mir, da braucht man aber einen speziellen Stecker.

Jetzt meldet sich der Pilot noch einmal: wir müssen leider noch etwas auf die Enteisungsmaschine warten. Das kann noch eine halbe Stunde dauern. Der soll jetzt keinen Blödsinn machen - ich muss den Flug nach Grand Rapids noch erreichen! Ich rechne noch mal durch: 1,5 Stunden Verspätung bein Start minus 0,5 Stunden Gewinn durch schnelleres fliegen plus 0,5 Stunden in Detroit auf Gepäck warten... Oder dauert das doch länger? Ich muss ja noch durch die Immigration... Das wird eng, sehr eng!

Jetzt ist alles klar; der Pilot hat sich noch einmal gemeldet: es wird eine weitere Stunde dauern. Damit ist mein Flug nach Grand Rapids gestorben. Ich rufe das Reisbüro an und buche um: nach Grand Rapids erst morgen früh, dafür eine Übernachtung am Flughafen in Detroit und bitte auch das Hotel in Grand Rapids entsprechend stornieren. Dann rufe ich noch meinen Kollegen in Grand Rapids an und erzähle ihm, dass wir leider wegen Schnee zwei Stunden Verspätung haben und dass ich deswegen heute nicht nach Grand Rapids fliege, sondern erst morgen früh.

Der Hotspot funktioniert erst, wenn wir gestartet sind; und es gibt Adapter für den Laptopanschluss. Die Stewardess hat jede Menge davon und gibt mir einen. Jetzt habe ich Durst und verlange noch einen Orangensaft.

Es geschehen noch Zeichen und Wunder: die Enteisungsmaschine ist nach 2,5 Stunden da. Das dauert ganz schön lange bis die fertig ist; jetzt stehen wir schon 3 Stunden. Mein Sitznachbar ist frustriert: er hat heute noch ein Geschäftsessen, welches er jetzt auch abschreiben kann. Warum geht es denn nicht weiter? Die Stewardess erklärt mit Galgenhumor in der Stimme, dass wir jetzt auf einen Pusher warten.

Und dann passiert das Unfassbare: der Pilot erklärt mit fast weinerlicher Stimme, dass die Crew eine maximale Arbeitszeut von 14 Stunden hat, und dass diese Zeit mit der Verspätung und dem anschließenden Flug nun überschritten werden, und dass aus diesem Grund der Flug nun gecancelt werde. Er hat tatsächlich gecancelt gesagt. In dem jetzt entstehenden Durcheinander geht fast unter, dass er auch noch sagt, dass wir noch nicht aussteigen können, da wir noch auf einen Bus warten müssen und dass dies wohl noch eine Stunde dauern könne. Und dann ist da noch der Reisende, der Alkohol getrunken hat, und der deswegen nicht fahren kann. Da habe ich irgendwie mit meinem Orangensaft ein gewisses Glück gehabt.

Gut, dann also alles absagen. Ich rufe im Reisebüro an, da ist nicht die gleiche Person am Apparat, aber man kennt mich schon "Sie sind doch der, der im Flugzeug sitzt und nicht wegfliegt". Ich erlange eine gewisse Berühmtheit im Reisebüro, als ich alles storniere und auch erkläre, warum. Dann rufe ich noch den Kollegen in Grand Rapids an und erzähle ihm, dass ich jetzt überhaupt nicht komme. Ok, das war also meine Reise nach Detroit; wenn nun endlich mal der Bus kommen würde...

Schließlich kommt der Bus tatsächlich und wir fahren wieder quer durch den Flughafen zum Terminal zurück. Jetzt brauche ich nur noch mein Gepäck - mein Gepäck!!! Wo ist das denn jetzt? Im Terminal stehen überall Leute in Schlangen vor den Schaltern und versuchen irgendwas dort zu erreichen. Ich gehe mal zu einem Business-Class-Schalter und frage, wo ich erfahren könne, wo mein Gepäck ist. In der Gepäckausgabe sagt man mir. Da gehe ich jetzt auch hin. Natürlich gibt es keine Anzeige, aus der irgendwas zu unserem Flug herauszufinden ist. Also gehe ich zu Lost and Found.

Innerhalb weniger Minuten sind dort noch weitere Leute, die ich aus dem Flugzeug kenne. Wir gehen dann nach einer halben Stunde Schlange stehen gemeinsam zu dem Angestellten und ich frage, an welchem Band denn unsere Koffer ankommen. Er sagt, die kommen an keinem Band heraus, da müsste ich jetzt eine Verlustanzeige machen. Nachdem ich erklärt hatte, wie denn der Koffer aussieht usw., wird das alles im Computer eingetragen. Mein Gepäck würde mir dann zugestellt, sagt mir der freundliche Herr und händigt mir noch eine Quittung aus. Wann das Gepäck denn kommen würde, könne er nicht abschätzen: "Sie sehen ja, was hier los ist."

Ich bin dann an diesem Montagabend nach Hause gefahren. Das Gepäck wurde mir in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag um 01:30 zugestellt. Die arme Frau, welche die Zustellung durchführte, sagte mir, dass sie seit Tagen 14 Stunden arbeite und dass sie bald nicht mehr könne.

Heute habe ich in der Presse gelesen, dass in Frankfurt am Flughafen noch 3000 Koffer liegen. "Die Wetterkapriolen vor Weihnachten wirken nach: Tausende Reisende warten nach den Annullierungen am Frankfurter Flughafen noch immer auf ihr Gepäck - der Betreiber will es bis zum Jahreswechsel nachschicken." Ich frage mich, nachdem das jetzt seit Ende November auf etlichen Europäische Flughäfen so ist, ob Schnee im Winter wirklich so exotisch ist, oder ob man einfach nicht ausreichend vorbereitet ist.